Heimatfilme handeln oft vom Weggehen oder Heimkehren. Im bayerischen Heimatfilm sind es meist Geschichten von Liebe, Familie, Konventionen und von der Heimat als idyllische Alpenlandschaft. Heimat und Tradition werden hier oft miteinander verbunden. Welchen Einfluss hat ein gemeinsames Konzept von Heimat auf die Einzelnen?
Wer hat Anteil an dieser Heimat? Wer wird davon ein- und wer ausgeschlossen? Was passiert wenn Heimat politisch wird?
Wenn die Heimat in der Vergangenheit liegt oder sie anderswo gefunden werden muss?
Was ist die Mehrzahl von Heimat?
Das Wanderkino Bewegliche Bilder zeigt an wechselnden Orten der Region Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilm, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven dem Begriff der Heimat nähern. Dabei wird in den einzelnen Filmen Heimat nicht nur als Ort begriffen, sondern auch als Versammlung bestimmter Begebenheiten, als Konstruktion oder Zustand, der sich öffnet für immer neue Fragen nach Zugehörigkeit, Bezogenheit und Gemeinschaft.

Freitag um 20:00 Uhr
im Lagerhauskino Schongau

Dirndlschuld
von Wilbirg Brainin-Donnenberg
und Ein verborgenes Leben
von Terrence Malick



Dirndlschuld Wilbirg Brainin-Donnenberg
2021 / Dokumentation / Österreich / 15 min / ab 0 Jahren / Deutsch mit englischen Untertiteln / ©sixpackfilm

Für manche ist das Dirndl nur ein hübsches, buntes Kleid mit Schürze, für andere ist es eine lebenslange Konfrontation. Genau wie Kleidungsstücke sind auch Orte kontaminiert und werden durch die Familiengeschichte unterschiedlichen Interpretationen unterworfen. Jede Generation hat ihre eigene Art, diese Erzählungen zu lesen, die sich Schicht um Schicht übereinander gelegt haben, bis niemand mehr sicher sein kann, was sich darunter befindet. Der Super-8-Film taucht tief in die Magie des Grundlsees ein und gibt den Blick auf tiefer liegende Schichten frei.

anschließend


Ein verborgenes Leben Terrence Malick
2019 / Drama / Deutschland / USA / 174 min / ab 12 Jahren / Deutsch / ohne Untertitel / © Pandora Film

Die Jägerstätters lebten in St. Radegund, einem kleinen Dorf mit 500 Einwohnern, nah bei Salzburg und der deutschen Grenze – in demselben Bezirk, in dem Hitler geboren wurde und seine frühe Jugend verbrachte – und nicht weit von Berchtesgaden, Hitlers Rückzugsort in den Bergen während seiner Zeit als „Führer“. EIN VERBORGENES LEBEN beruht auf der Lebensgeschichte des Franz Jägerstätter, einem Bauern in Österreich, der den Eid auf den Führer verweigerte. Wegen Wehrkraftzersetzung wurde er im August 1943 im Zuchthaus Brandenburg/Havel in einer Garage hingerichtet. Der Film greift auf den Briefwechsel zwischen Jägerstätter und seiner Frau Franziska „Fani“ zurück, den Erna Putz als Buch herausgebracht hat.

Samstag um 21:00 Uhr
am Sportverein Kinsau

Kurzfilmabend mit
Die Herberge von Ulu Braun,
Amygdala, Ein dystopischer Heimatfilm von Fabian Altenried,
Weltempfänger von Lucia Flaig,
Ewig Gast von Maximilian Karakatsanis,
Ape Maria von Greta Mentzel
und Köy von Mustafa Dok



Die Herberge Ulu Braun
2017 / Kurzfilm / Deutschland / 15 Minuten / ab 0 Jahren / ohne Sprache / © Ulu Braun

An einem Ort, der biblische Landschaft und westliche Mythen vereint, steht ein Gebäude – halb Rockerkneipe, halb Bergbauernhof. In dieser Herberge werden alle Wesen aufgenommen, die dieses unwirtliche Land durchqueren.


Amygdala. Ein dystopischer Heimatfilm Fabian Altenried
2021 / Drama / Deutschland / 29:39 min / ab 0 Jahren / Deutsch mit englischen Untertiteln / © Schuldenberg Films

Disteln blühen im tiefsten Winter, Kühen platzen die Trommelfelle, die Milch kommt vergiftet aus ihren Eutern – in einem abgelegenen Bergdorf gerät die Welt aus den Fugen. Die ungreifbaren Angriffe der Natur treffen den Hof der Haberers im Innersten als die ältere Tochter urplötzlich erkrankt. Sander, ein stummer, naturverbundener Tierarzt und Heiler, erkennt immer mehr Anzeichen für eine nahende Katastrophe. Der zugezogene Pfarrer versucht die Geschehnisse für seinen Glauben zu instrumentalisieren. In Mitten des sich entzündenden Ringens um die Deutungshoheit der mysteriösen Geschehnisse, bangt die Bauernfamilie immer verzweifelter um ihr wirtschaftliches und nacktes Überleben.


Weltempfänger Lucia Flaig
2020 / Experimentalfilm / Österreich / Deutschland / 10:15 min / ab 0 Jahren / ohne Sprache / © Lucia Flaig

Ein Radio empfängt und übersetzt Schallwellen in Geräusche und verbindet die Hörenden so mit Tönen, Klängen und Orten, die mal lauter oder leiser, kleiner oder größer werden. Beim Erkunden seiner Oberfläche und beim Durchwandern dieser akustischen Räume wird die Hörerin immer wieder durch das Knistern und Surren des Radios unterbrochen. Oder sind es gerade die Störgeräusche, die neue Orte eröffnen?


Ewig Gast Maximilian Karakatsanis
2021 / Kurzfilm / Deutschland / 08:51 Minuten / ab 0 Jahren / Deutsch / ohne Untertitel / © Maximilian Karakatsanis

Maximilian’s Großvater war einer der allerersten Arbeitsmigrant:innen des Anwerbeabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Griechenland. Ein kurzer poetischer Dokumentarfilm über Sehnsucht, Familie und das Dasein als sogenannter Gastarbeiter.Der Film soll die Menschen sichtbar machen, die Deutschland aufgebaut haben, aber nie ganz Teil der Gesellschaft geworden sind, obwohl sie bereits in der dritten Generation hier leben.


Ape Maria Greta Mentzel
2004 / Dokumentation / Italien / 25 min / ab 0 Jahren / Deutsch mit deutschen Untertiteln / © ZeLIG Film

Die Ape ist ein kleines, dreirädriges Transportvehikel von Piaggio, das man in Italien bisher ohne Führerschein und ab 14 Jahren fahren durfte. Für die zwei sechszehnjährige Südtiroler, Andreas und Platzer, das Mittel zur Unabhängigkeit. Gleichzeitig sind ihre Dreiradler aber auch Kultobjekte, an denen in jeder freien Minute herum geschraubt wird und die nach Lust und Laune auffrisiert werden. Je tiefer, je breiter, desto besser. Die Ape führt den Zuschauer zu immer neuen Episoden aus dem Leben der Protagonisten, die schließlich ein Gesamtbild ergeben.


Köy Mustafa Dok
Drehbuch: Nurullah Kaya & Ahmet Haluk Üna
2009 / Kurzfilm / Deutschland / 11:20 min / ab 0 Jahren / ohne Sprache / © Mustafa Dok

Ein Dorfbewohner entwickelt die Marotte, auf dem Ortsschild die genaue Anzahl der Menschen zu vermerken, die sich gerade im Dorf aufhalten. Man begegnet dem schrulligen Alten mit freundlichem Spott. Als aber einige Männer das Dorf verlassen, um gegen das Militär zu kämpfen, wird die sinnfreie Tätigkeit zu einem ernsthaften Problem für den Alten. Denn plötzlich spiegelt sich in den Zahlen die Gefahr, in der sich die Dorfgemeinschaft befindet.

Sonntag um 21:00 Uhr
Schwabbruck


Becoming Black von Ines Johnson-Spain
2019 / Dokumentarfilm / Deutschland, Togo, Benin / 91 min / ab 0 Jahren / Deutsch und Französisch mit deutschen Untertiteln / © Kobalt Productions

Ein weißes Ehepaar in der DDR der 60er Jahre erzählt ihrer Tochter, dass ihre Hautfarbe Zufall sei und keine Bedeutung habe. Das will auch das Mädchen glauben, bis sie als Zwölfjährige zufällig die Wahrheit entdeckt. Jahrzehnte später, lange nachdem sie die Familie ihres leiblichen Vaters in Togo kennengelernt hat, rekonstruiert sie als Protagonistin und Autorin ihre Familiengeschichte in einem Film. In Auseinandersetzung mit der eigenen Identität geht Ines Johnson-Spain dem alles überschattenden Tabu ihrer Kindheit auf die Spur und legt zeitgleich exemplarisch den strukturellen Rassismus in der DDR offen. In Verbindung mit dem berührenden Treffen mit ihrer spät gefundenen togolesischen Familie wird der Film zu einer Reflexion über Identität, Familienkonzepte und soziale Normen. Von den 1960er Jahren in Ost-Berlin bis in die Gegenwart entfaltet sich in diesem intimen, berührenden Selbstporträt eine kluge und bisher ungeschriebene deutsche Historie.

Donnerstag um 21:00 Uhr
im Gasthaus Zum Neuwirt, Birkland

Apachen über Ansbach
von Jonathan McNaughton
und Das Ei ist eine geschissene Gottesgabe
von Dagmar Wagner



Apachen über Ansbach Jonathan McNaughton
2022 / Essayfilm / Deutschland / 32:00 min / ab 0 Jahren, Deutsch mit englischen Untertiteln / © Jonathan McNaughton

Für die Bezeichnung ihrer Kampfhubschrauber nutz die US Army seit jeher Namen von Bevölkerungsgruppen der indigenen Einwohner des Nordamerikanischen Kontinents – Chinook, Blackhawk und eben Apache. Ob ihrer strategischen Wichtigkeit sind auch heute noch Truppenverbände jener moderenen Kavallerie auf deutschem Boden stationiert – in Kasernen die seit dem Ende des zweiten Weltkriegs existieren. Innerhalb der Grenzen jener Kasernen, hinter Sandsäcken und all dem Stacheldraht, findet sich ein Ort, an dem amerikanische Soldaten und deren Familien ein Gefühl von Zuhause verspüren sollen. Burger King, Pickup-Trucks, Movie Theater. Ein Klein-Amerika mitten im Herzen Deutschlands. Taco Bell, Bowling Alley, Dr Pepper und peanut butter. Normalerweise bleiben die Menschen nur für ein paar wenige Jahre. Für manche ist der Aufenthalt nur ein Zwischenstopp auf ihrem Weg in Richtung Litauen, Afghanistan oder Irak. Ein Ort des Transits. Eine Quasi-Simulation eines Landes, das man doch eigentlich soeben zurückgelassen hatte, um fern der Heimat Kriege auszutragen.

anschließend


Das Ei ist eine geschissene Gottesgabe
Dagmar Wagner
1993 / Dokumentarfilm / Deutschland / 88 Minuten / ab 0 Jahren / Deutsch / ohne Untertitel / © Kick Film

Einst war der Sprengenöd-Hof ein Ensemble aus Ausflugslokal, Pension und Sägewerk. In den 70er-Jahren geriet das Gut in Schwierigkeiten und ging in fremde Hände über. Aus dem Lokal ist ein Nobelrestaurant geworden. Die Bäuerin Sophie Geisberger lebt als einzige der Familie noch auf dem Hof. Mittlerweile vermietet sie die Pension an Asylsuchende und sogenannte Gastarbeiter:innen wodurch sie misstrauische Blicke von konservativen Dorfbewohner:innen auf sich zieht…

Freitag um 21:00 Uhr
im Pfarrsaal Altenstadt, in Kooperation mit dem BürgerNetzwerk Altenstadt


Neubau
Johannes Maria Schmit,
Drehbuch: Tucké Royale
2020 / Spielfilm / Deutschland / 81 Minuten / ab 16 Jahren / Deutsch mit englischen Untertiteln / © Salzgeber

Sommer in der Brandenburger Provinz. Markus ist hin- und hergerissen zwischen der Liebe zu seinen pflegebedürftigen Omas und der Sehnsucht nach einem anderen Leben in Berlin. In Tagträumen erscheint ihm immer häufiger eine Schar schillernder Dämonen als Vorboten einer queeren urbanen Wahlfamilie, die ihn aus seiner Einsamkeit befreit. Als er sich in Duc verliebt, wird alles noch komplizierter. Denn eigentlich stehen in Markus’ Neubauwohnung schon die gepackten Kisten für den Umzug in die große Stadt. Wo möchte ich leben – und wie? Mit diesen existentiellen Fragen beschäftigen sich Autor/Hauptdarsteller Tucké Royale und Regisseur Johannes M. Schmit in ihrem Debütfilm aus der Sicht eines jungen queeren Mannes in der Uckermark.

Freitag um 21:00 Uhr
im Atelier PetrMayr / GRAFICUM, Peiting

Echo von Katharina Wittmann
und Herz aus Glas von Werner Herzog



Echo Katharina Wittmann
2020 / Essayfilm / Deutschland / 11:41 min / ab 0 Jahren / Deutsch mit englischen Untertiteln / © Katharina Wittmann

ECHO handelt von der Geschichte des verlassenen Hauses von Katharinas Familie in Hohenburg (Oberpfalz/Bayern). Ungestört hat sich dort die einzige Kolonie der ’Großen Hufeisennase’ in Deutschland angesiedelt. ECHO beleuchtet den Umstand, dass die seltene Fledermausart genau an diesem Ort überleben konnte, da angrenzend an das Familiengehöft ein Truppenübungsplatz aufgebaut wurde. Truppenübungsplätze entpuppen sich als erstaunliche Biotope für viele, vor allem auch seltene oder alte Pflanzen- und Tierarten. So besitzt auch der Truppenübungsplatz Hohenfels eine Umweltabteilung, die die Kriegsübungen - den Häuserkampf, der dort heute von der US-Armee ausgeübt wird - in Einklang mit der Natur bringen möchte.

anschließend


Herz aus Glas Werner Herzog
1976 / Spielfilm / Deutschland / 94 min / ab 16 Jahren / Deutsch / ohne Untertitel / © Werner Herzog Film

Der Erfinder des Rubinglases ist mit seinem Geheimnis gestorben. Nachdem sich ein Schmelzer in der Rubinherstellung vergeblich versucht hat, und der Hüttenherr weder in Büchern noch in dem zerstörten Haus des Erfinders auf eine Spur stößt, schickt er nach dem Hüterjungen Hias, der für seine hellseherische Gabe bekannt ist, ohne etwas von ihm zu erfahren. Als der Hüttenherr doch bekannt gibt, im Besitze des wertvollen Wissens zu sein, spricht er im Wahn. Doch gerne glaubt man ihm, ist doch unter den Hüttenleuten der Irrsinn ausgebrochen. Der Hüttenherr meint, das Blut einer Jungfrau müsse in das Glasgemenge und ersticht in einem Ritual mit Harfenbegleitung und der Assistenz seines Dieners sein Hausmädchen, Hias‘ Freundin. Inzwischen wird im Wirtshaus euphorisch gefeiert. Da überkommt Hias eine Vision von der Zukunft, die er aus sich redet und die weder der Tanz einer nackten Närrin auf seinem Tisch, noch der Brand der Glashütte, die der Hüttenherr selbst angezündet hat, noch die Nachricht vom Tod seiner Freundin unterbrechen kann. Die Hüttenleute suchen einen Schuldigen und verwechseln die Voraussage der Übel mit ihrer Urheberschaft. Sie übergeben Hias der Justiz.